archivierte Ausgabe 3/2015 |
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Die Schriftleitung |
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Leseprobe 2 |
Pfingsten |
I. »Kirche im missionarischen Aufbruch« (Papst Franziskus) (thematisch) |
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Vorbemerkung: Um konkreter zu verstehen, was wir an Pfingsten feiern, seien Anregungen in »Evangelii gaudium« – die Freude des Evangeliums von Papst Franziskus (24. November 2013) vor Augen geführt. – Die Ziffern im Text verweisen auf die Nummern in »Evangelii gaudium«.
»Ich werde meinen Geist ausgießen« (Joël 3,1) Wir feiern heute das Kommen des Pfingstgeistes – wie heftiger Sturm, »Zungen wie von Feuer« (Apg 2,3). Pfingstlieder klingen festlich-schwungvoll. »Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten« (GL 347). Petrus verkündet, was geschieht: Es erfüllt sich, was der Prophet Joël gesagt hat: »Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch« (Joël 3,1; Apg 2,17). In jeder Taufe und Firmung feiern wir, dass wir Heiligen Geist empfangen haben. Der Beginn jeder Messe und jedes Kreuzzeichen »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« erinnert uns daran, auf dass wir Mut fassen. Um etwas konkreter zu sehen, einige Anregungen aus dem Apostolischen Schreiben »Evangelii gaudium« – Die Freude des Evangeliums (24. November 2013) von Papst Franziskus.
»Die heiligende Kraft des Geistes«
Zunächst: Das Hauptthema ist »Die missionarische Umgestaltung der Kirche« (Erstes Kapitel). Wir Jüngerinnen und Jünger sind zu einem missionarischen Aufbruch berufen. Die »heiligende Kraft des Geistes« »drängt« uns dazu (119). »Alle sind wir aufgefordert, diesen Ruf anzunehmen: hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen« (20). Die eigene satte Bequemlichkeit verlassen! Zu den Randgebieten gehen! Geographisch »bis ab die Grenzen der Erde« (Apg 1,8), insbesondere aber auch zu den Menschen am Rande unserer Gesellschaft und vor unserer Haustür hier und jetzt! Das sind Grundimpulse des Papstes in die Kirche. Mehrfach warnt er vor »abgeschotteter Geisteshaltung« (2, 8, 282), die den Heiligen Geist einsperrt und uns hindert, hinauszugehen. Denn der Heilige Geist ist ein Geist, der uns befreit (97, 280; vgl. 2 Kor 3,17).
Werke der Nächstenliebe – »der vollkommenste äußere Ausdruck der inneren Gnade des Geistes«
Um noch konkreter zu sehen, drei Gesichtspunkte: Ein Erstes: »Missionarische Jüngerinnen und Jünger«? Es geht da nicht oder nicht in erster Linie darum, zu predigen, zu belehren und den Katechismus oder die Dogmatik zu traktieren. Wir stehen nicht – so der Papst – »unter dem Zwang der zusammenhanglosen Vermittlung einer Vielzahl von Lehren, die man durch unnachgiebige Beharrlichkeit aufzudrängen sucht« (35). Worauf es ankommt: »vor allem ›den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist‹« (Gal 5,6). Wörtlich und wie ein Kernsatz: »Die Werke der Nächstenliebe sind der vollkommenste äußere Ausdruck der inneren Gnade des Geistes« (37). Anders gesagt: »Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, – d. h. durch aufdringliche Werbeveranstaltungen, die den Verstand überlisten, sondern ›durch Anziehung‹ (attrazione).« (Benedikt XVI.) (14), also: dass man »anziehend« wirkt in dem, was man lebt.
»Anerkennen, dass jeder Mensch unserer Hingabe würdig ist«
Ein Zweites: Werke der Nächstenliebe – Ausdruck der »Gnade des Geistes«, – wichtig ist dem Papst: Es müssen nicht große Werke und Taten sein, die Aufsehen erregen und bewundert werden, und die uns womöglich überfordern und dann erst recht mutlos machen. Ob im Großen oder von Angesicht zu Angesicht, stets geht es einfach darum, »das Leben mit den Menschen zu teilen und uns ihnen großherzig zu widmen«. Dass das wirklich geistvoll und von Herzen gelingt und nicht bloß aufgesetztes, mühsames Getue ist, setzt voraus, dass wir »anerkennen, dass jeder Mensch unserer Hingabe würdig ist«, einfach deshalb, »weil er Werk Gottes, sein Geschöpf ist« Jeder Mensch, wirklich jeder ohne Ausnahme »spiegelt etwas von Gottes Herrlichkeit wider. Jeder Mensch ist Objekt der unendlichen zarten Liebe des Herrn, und er selbst wohnt in seinem Leben.« Auch dieses wie ein Kernsatz: »Jenseits aller äußeren Erscheinung ist jeder (sc. Mensch, wirklich jeder) unendlich heilig und verdient unsere Liebe und unsere Hingabe.« »Deswegen, wenn ich es schaffe, nur einem einzigen Menschen zu helfen, ein besseres Leben zu haben, rechtfertigt dies schon den Einsatz meines Lebens« (274). Diese Einsicht kann uns helfen, uns auf das Hier und Jetzt eines Menschen in seiner Not zu konzentrieren – wie z. B. der barmherzige Samariter sich auf das Hier und Jetzt dieses einen halbtoten Mannes konzentrierte (Lk 10,25–37) – und dabei nicht stets auf das zu schielen, was sonst noch dringlich getan werden müsste; und es kann uns helfen, mich und das, was ich tue und tun müsste, realistischer, bescheidener und demütiger zu sehen.
Die Kirche – »keine Zollstation«, sondern »ein Vaterhaus«
Ein Letztes: Gegen Ende des Schreibens sagt der Papst: »Um den missionarischen Eifer lebendig zu halten, ist ein entschiedenes Vertrauen auf den Heiligen Geist vonnöten, denn er ›nimmt sich unserer Schwachheit an‹ (Röm 8,26).« Freilich: Dieses Vertrauen auf den Heiligen Geist kann, so der Papst weiter, »in uns ein gewisses Schwindelgefühl hervorrufen …«: »Es ist wie ein Eintauchen in ein Meer, wo wir nicht wissen, was auf uns zukommen wird. Ich selbst habe das viele Male erlebt.« So der Papst. Und – vielleicht auch wie ein Kernsatz: »Es gibt aber keine größere Freiheit, als sich vom Heiligen Geist tragen zu lassen, darauf zu verzichten, alles berechnen und kontrollieren zu wollen, und zu erlauben, dass er uns erleuchtet, uns führt, uns Orientierung gibt und uns treibt, wohin er will. Er weiß gut, was zu jeder Zeit und in jedem Moment notwendig ist« (280). – Um die Bedeutung dieser Sätze zu sehen: Jeder kennt bei sich selber so oder so die Versuchung, »alles berech nen und kontrollieren«, anders gesagt: alles »im Griff« haben zu wollen, um ja jedes Risiko zu meiden und immer genau zu wissen, wie man mit sich und anderen dran ist. Das ist nicht nur eine Versuchung einzelner, es ist auch eine Versuchung der Gesellschaft und des Staates insgesamt (nur ein Stichwort: »innere Sicherheit«!); und es ist auch für die Kirche eine Versuchung, dass sie sich bloß um ihr eigenes Ansehen kümmert, nur auf Sicherung und Mehrung des eigenen Bestandes aus ist, dass sie ängstlich und erbarmungslos bloß auf Rechtgläubigkeit pocht und sich damit gegen neue geistliche Perspektiven und Erfahrungen abschirmt. Die Kirche ist doch »keine Zollstation«, so der Papst, »sie ist das Vaterhaus, wo für jeden Platz ist mit seinem mühevollen Leben« (47).
Freiheit, »sich vom Heiligen Geist tragen zu lassen«
Und deshalb wünscht er die Freiheit, »sich vom Heiligen Geist tragen zu lassen«, die das Wagnis erlaubt, nicht alles bei sich selbst, in Gesellschaft und Kirche »berechnen und kontrollieren zu wollen«. Mut zum Risiko im Denken und Tun – im »Vertrauen auf den heiligen Geist«, – das Pfingstfest will uns dazu Mut machen.
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Karl-Ernst Apfelbacher |
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