archivierte Ausgabe 1/2007 |
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Die Schriftleitung |
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Leseprobe 1 |
Vierter Adventssonntag – 24. Dezember 2006 |
III. Lesepredigt: Betlehem, nicht Jerusalem! (thematisch) |
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Bevor heute Abend der Weihnachtsfriede und die Familienharmonie uns behaglich umhüllen, reißt uns heute Vormittag im Gottesdienst des vierten Advents nochmals ein gesellschaftlich brisanter Text aus der besinnlichen Festtagsvorbereitung heraus. »Betlehem, so klein du auch bist unter allen Städten Judas, aus dir wird der Retter kommen, der künftig Israel regieren wird.« Das klingt so harmlos und so weihnachtlich friedvoll, aber der Prophet Micha kündigt unter lautem Protest eine radikale Umkehr der Verhältnisse an.
Jerusalemzentriert Seit den Tagen von König David war Israel auf Jerusalem konzentriert. Dort regierte der König, dort war der Tempel, der Ort der Gegenwart Gottes. Und wo Tempel und König sind, dort ist die Macht. Genau dies aber wurde Israel im Lauf seiner Geschichte zum Verhängnis. Israel tat nämlich im Laufe der Zeit das, was alle tun, die in ein Machtzentrum geraten: Sie vergessen ihre Herkunft und verspielen ihre Zukunft. Israels Königtum wurde zum Stein des Anstoßes und rief deshalb den prophetischen Protest auf den Plan. Diejenigen nämlich, die im Auftrag JHWHs das Volk wie gute Hirten leiten und auf gute Weide führen sollten, vergaßen das und weideten sich selbst. In Jerusalem, der von Gott erwählten Tochter Zions, herrschte nicht mehr der Geist JHWHs, sondern der Geist der Korruption und Unterdrückung. Für Jerusalem lautete daher die Botschaft des Propheten Micha: »Dem König Israels werden sie mit dem Stock ins Gesicht schlagen.« Und dann kündigt der Prophet die einzig heilvolle Alternative an.
Betlehemzentriert »Du kleines Betlehem, aus dir wird derjenige hervorgehen, der die Wende bringt und künftig Israel regieren wird.« Nicht die Hauptstadt, sondern das kleine Nest am Rande wird von alles entscheidender Bedeutung werden. Auf eine solche Idee können Menschen nie im Leben kommen. Nach menschlichem Ermessen und nach unseren maß-geblichen Vorstellungen müssen neue Bewegungen immer in den Zentren der Macht beginnen. JHWH aber denkt anders. Er erwählt das Unbedeutende und gibt ihm die entscheidende Bedeutung. Er handelt eben nicht menschlich, sondern göttlich. Er handelt, wie er will und kümmert sich nicht um unsere Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen. Deshalb ist das Reich des Messias Jesus Christus nicht das Ergebnis einer politischen Neuorientierung; im Reich Gottes geht es nicht um die Wiederherstellung des zerbrochenen Königtums; es wird keine nationale Restauration geben, sondern etwas ganz und gar Neues wird sein.
Und dieses ganz und gar Neue hat in Betlehem begonnen, im Stall, in der Krippe. Gott wird Mensch, nicht dort, wo wir es erwarten, sondern dort, wo ER es für not-wendig hält, dort, wo die Not der Menschen wirklich »gewendet« werden kann. Diese Tat Gottes, vom Propheten angekündigt, feiern wir heute mitten in der Nacht, in der es in der Welt am dunkelsten ist.
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Hubert Brosseder |
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