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Die Schriftleitung
Leseprobe 1
Weihnachten – 24./25. Dezember 2010
II. (Am Tag) Grenzüberwindung (thematisch)

Zielsatz: Die Weihnachtspredigt will bewusst machen, dass der allmächtige, trans-zendente, ewige Gott ein menschliches Gesicht hat.

Das war ein Weihnachten – anders als in früheren Jahren: vor 21 Jahren. Um 6.00 Uhr wurde der Grenzzaun unterhalb der thüringischen Wallfahrtsstätte Hülfensberg im Bistum Erfurt aufgeschnitten. Christen aus dem angrenzenden Werratal in Hessen konnten die Grenze überqueren und um 7.00 Uhr nach 40 Jahren zum ersten Mal wieder auf dem »Heiligen Berg des Eichsfelds« die Christmette mitfeiern. Ost und West feierten gemeinsam!

Das hatte etwas Unglaubliches: Wer hätte schon daran gedacht, dass diese Grenze je wieder durchlässig würde, wer hätte gedacht, dass am 3. Oktober 1990, also vor 20 Jahren, die Deutsche Einheit vollzogen und gefeiert werden könnte!
Ein Großteil der Menschen in beiden Teilen Deutschlands hatte sich mit der Grenze eingerichtet. Und dann das Unglaubliche: Menschen waren nicht mehr bereit,
sich in ihrer Freiheit einschränken zu lassen,
sich in ihrer Würde verletzen zu lassen,
sich der Macht zu beugen.
»Wir sind das Volk« – erscholl der Ruf, was auch heißt: Ihr Machthaber seid nicht das Volk, ihr missbraucht das Volk. Als die Menschen sich ihrer Würde wieder bewusst wurden, war die Grenze nicht mehr zu halten! Das geschah vor 21 Jahren – und heute vor 21 Jahren die erste gemeinsame Christmette von Ost und West.

Grenzüberwindung Himmel – Erde
Das Unglaubliche war geschehen: vor 20 Jahren – wie auch vor 2000 Jahren: Auch das Geheimnis des heutigen Festes hat etwas Unglaubliches! Da war eine schier unüberwindbare Grenze: die Grenze zwischen Himmel und Erde, die Grenze zwischen Gott und Mensch. Und das Unglaubliche geschah: Diese Grenze wurde überwunden: Kein Geringerer als Gott selbst hat sie überwunden!
Er kommt in unsere Welt. Er überwindet die unüberwindbare Grenze, wird ansprechbar, macht die Grenze auch für uns durchlässig: unglaublich! Lange hatte das Volk Israel geschrieen:
»Wir sind doch dein Volk!«
»Warum bist du uns so fern?«
»Reiß die Himmel auf, reiß ab, wo Schloss und Riegel für!«
Und Gott öffnete die Grenze zwischen sich und uns Menschen, eine unüberwindliche Grenze wird durchlässig.

Weihnachten – Fest der Grenzöffnung
Das ist eine Quelle von Hoffnung, Hoffnung auf Leben – über alle Grenzen hinaus! Weihnachten ist das Fest der Grenzöffnung zwischen Himmel und Erde. Da ist es nur verständlich, dass die Botschaft lautet: Friede, Friede den Menschen auf Erden! Dieses Fest überwindet die Mauern zwischen den Menschen, macht die Grenzzäune zwischen den Menschen durchlässig.
Das hat Jesus, dessen Geburtstag wir heute feiern, selbst vorgelebt; er hat Grenzzäune eingerissen, die unüberwindlich schienen:
den Grenzzaun zwischen Juden und Samaritern,
den Grenzzaun zwischen »denen da oben und denen da unten«,
den Grenzzaun zwischen Heiligen und Sündern (wenn nicht auch die Heiligen Sünder sind!),
den Grenzzaun zwischen Gesunden und Kranken,
den Grenzzaun zwischen Tod und Leben – denn das Weihnachtsgeheimnis wäre längst vergessen, gäbe es den Ostermorgen nicht!

Das Kind auf der Grenze
»Warum nur«, so fragt ein evangelischer Theologe (Jörg Kleemann), »du Mann aus Nazareth, hast du ausgerechnet als Kind deine größten Erfolge? Warum wirst du als Säugling weltweit bejubelt, gefeiert und begossen?« Vielleicht, weil kein Wesen so ungetrübt und ohne jede Nebenabsicht unser Gutsein herausfordert und Grenzen überflüssig macht. Ein chinesisches Märchen erzählt:
Als der Krieg zwischen den beiden benachbarten Völkern unvermeidlich war, schickten die feindlichen Feldherrn Späher aus, um zu erkunden, wo man am leichtesten in das Nachbarland einfallen könnte. Und die Kundschafter kehrten zurück und berichteten ungefähr mit den gleichen Worten ihren Vorgesetzten: Es gäbe nur eine Stelle an der Grenze, um in das andere Land einzubrechen. »Dort aber«, sagten sie, »wohnt ein braver kleiner Bauer in einem kleinen Haus mit seiner anmutigen Frau. Sie haben einander lieb und es heißt, sie seien die glücklichsten Menschen auf der Welt. Sie haben ein Kind. Wenn wir nun über das kleine Grundstück in Feindesland einmarschieren, dann würden wir das Glück zerstören. Also kann es keinen Krieg geben.« Das sahen die Feldherrn denn auch wohl oder übel ein, und der Krieg unterblieb, wie jeder Mensch begreifen wird.

Friede auf Erden
Wir verkünden den Frieden auf Erden: Seit Gott sich als Kind auf unsere Grenzen gelegt hat, sind die Grenzen durchlässig geworden.
Sein Kindsein ist eine unablässige Herausforderung: Überwindet Grenzen, lebt miteinander in Frieden!

Heribert Arens

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