archivierte Ausgabe 1/2007 |
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Die Schriftleitung |
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Leseprobe 2 |
Zweiter Sonntag – 14. Januar 2007 |
II. Das gerettete Fest des Lebens (Joh 2,1–12) |
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Zielsatz: Anhand der wundersamen Erzählung von der Hochzeit zu Kana sollen die Zuhörenden nacherleben, wie sich in Jesu Gegenwart Wasser in Wein und Enttäuschung in Frohmut verwandeln können, und sich darin Gottes Herrlichkeit zeigt.
Ernüchterung post festum Vierzehn Tage ist das neue Jahr gerade mal alt und wir haben uns an die neue Jahreszahl gewöhnt. Nur noch selten verschreibe ich mich und muss dann die Sechs durch eine Sieben ersetzen. Ich finde das nicht weiter schlimm und bin sogar froh darum, denn dadurch werde ich immer wieder aufmerksam: Mensch, ein neues Jahr liegt noch fast ganz vor dir, nutze die Chancen, die es dir bietet, vergiss nicht zu schnell, wie positiv wir es begonnen haben. Mittlerweile sind die Sektflaschen im Glas-Container und die Reste des Feuerwerks sind größtenteils beseitigt. Die guten Hoffnungen aber, die lieben Neujahrswünsche, die Vorsätze, der Zauber des Anfangs sollen nicht so schnell weggeräumt und vergessen werden. Der Schwung soll halten und weiter tragen. Nun, ich gebe zu: Je älter ich werde, desto niedriger hänge ich die Erwartungen, und der bald sich einstellende Alltag mit seinen Gewohnheiten und Enttäuschungen scheint mir recht zu geben. So viel ändert sich dann doch wieder nicht, und ich frage mich, ob wir nicht überhaupt besser dran sind, die Dinge nüchterner anzugehen und lieber zu tief als zu hoch zu stapeln. Lieber realistisch bleiben als zu optimistisch und blauäugig zu sein. Die Bodenhaftung zu bewahren, das erspart so manche Enttäuschung. Zu schnell setzt die Ernüchterung nach allzu rauschenden Festen ein.
Der Wein ist aus, die Freude gestört Diese Erfahrung sehe ich auch im Evangelium des heutigen Tages gespiegelt. Es ist eine Geschichte, in der es um Hoffnungen und um Enttäuschungen geht, um ein Fest und um Ernüchterung. Es mutet an wie im Märchen: Da ist eine orientalische Hochzeit. Es braucht wenig Fantasie, sich Braut und Bräutigam vorzustellen, Musik, Tanz, fröhliche Gäste, festlich gekleidet, lachende Augen, Tafeln mit Speisen, Früchte, Krüge mit Wein. Hochzeiten sind Feste der Lebenslust, voller Optimismus, man erwartet eine gesegnete Zukunft und erbittet sie und kann sich es gar nicht anders vorstellen. Das Leben wird gelingen. In guten und in bösen Tagen: Die Liebe wird alles ertragen und schwierige Zeiten überwinden. Keine Frage. Doch dann passiert es: Sie haben keinen Wein mehr. Und das ist nun nicht nur ein kleines Malheur, nicht nur ein schnell zu behebendes Versorgungsproblem. Denn der Wein ist wichtig; mit »Wein« ist mehr gemeint. Wein, das ist das typische Hochzeitsgetränk. Wird er knapp, ist die Hochzeitsfreude gestört. Wein steht für festliche Stimmung, für Beschwingtheit und Leichtigkeit, für Lebensfülle und Freude. Und nun also ist es passiert: Der Wein ist aus.
Das Fest droht zu kippen Der Mutter Jesu, sie ist Gast auf dem Fest, fällt es als Erster auf. Das spricht dafür, dass wir es nicht mit einer Panne bei der Getränkeversorgung zu tun haben. Sonst hätten es der Mundschenk oder die Bedienenden schon längst vorher bemerken müssen. Nein, sie als Gast merkt, dass es nicht mehr stimmt, und vermutlich ist es oft so, dass Frauen schneller merken, wenn etwas nicht stimmt. Das Fest droht zu kippen: In der Feststimmung machen sich Probleme breit; statt Gelingen droht Scheitern; statt Leichtigkeit nun kraftraubende Sorgen, statt Wein nur Wasser, und nicht mal das: Die Krüge sind leer. Zu oft erleben wir es, bei Freunden, bei Bekannten, in der Familie, bei uns selber. Die positive Stimmung ist dahin, es scheint den Bach runter zu gehen, es ist nichts mehr wie früher, eine falsche Bemerkung genügt und alte Wunden brechen auf, Misstrauen, Eifersucht, Rivalität gewinnen die Oberhand; statt Wein nur Wasser und nicht mal das: Die Krüge sind leer, Ebbe, keine Kraft, kein Saft, man fühlt sich am Ende.
Aus Wasser wird Wein und das Fest gerettet Aber die Erzählung geht weiter. Und was kommt, hat nichts mit Zauberei zu tun, sondern mit Erfahrung, mit der wunderbaren Erfahrung, dass sich Wasser wieder in Wein verwandeln lässt, und dass dies in Jesu Gegenwart Wirklichkeit wird. Jesus lässt die Krüge füllen, einfach mit Wasser. Kein Zauberspruch, kein Hokuspokus, nichts Außergewöhnliches wird berichtet – und doch verwandelt seine Gegenwart alles, sogar den Alltag, und zwar durch ein Nichts. Eine Erfahrung, die Sie vielleicht auch kennen: Es braucht nicht viel, damit Wunderbares passiert: Ein Krug, der mit Wasser gefüllt wird. Eine Schneeflocke, die mich an der Nase kitzelt und mir unverhofft ein Lachen entlockt; ein freundliches Lächeln, obwohl ich mich nach der vermeintlichen Blamage am liebsten versteckt hätte; neue Kraft nach einem tiefen Schlaf, vor dem ich gedacht hatte, ich wäre völlig ausgelaugt; ein versöhnliches Wort nach dem tödlichen Schweigen und erlösende Normalität tritt wieder ein; ein Zeichen der Aufmerksamkeit nach blindem Nebeneinander; Wein aus Wasser, viel aus wenig, alles aus nichts. Und plötzlich schmeckt das Leben wieder.
Jesu Gegenwart wandelt Not in Fülle Jesu Gegenwart zeigt sich darin, dass sich etwas in wunderbarer und herrlicher Weise wandelt; im Evangelium heute wird Wasser zu Wein; Mangel wird zu Fülle. Bei Jesu erstem Wunder im Johannesevangelium lässt sich nicht übersehen, dass es da nicht um einen überlebenswichtigen Brocken Brot geht, auch nicht um eine Heilung aus einer tödlichen Krankheit, auch nicht um die Rettung aus einer todbringenden Situation, sondern es geht um ein Fest, es geht um Wein, und zwar in unverhältnismäßig großer Menge. Wenn man die damaligen Maßeinheiten umrechnet, kommt man auf ungefähr 500–700 Liter Wein. Und zwar der besten Qualität. So, als wollte der Erzähler uns sagen: Wer mit Jesus geht, dem wird die Not in Fülle gewandelt, der braucht sich nicht durcheinander bringen zu lassen, wenn mal nicht alles zum Besten steht, vertrau auf ihn, in seiner Gegenwart wird alles letztendlich gut.
Verbunden mit Jesus mithelfen, Wasser in Wein zu wandeln Gerade mal zwei Wochen des neuen Jahres sind vorbei. 50 liegen noch vor uns. Wir wissen nicht, was sie uns noch alles bringen werden. Aber vermutlich wird kaum einer von uns verschont werden auch von Zeiten, in denen bildlich gesprochen uns der Wein ausgeht. Und doch können wir darauf vertrauen. Plötzlich wird das Leben doch wieder nach Fest schmecken, Enttäuschungen können sich in Lebensmut wandeln, Tränen in Zuversicht, Wasser in Wein. In Jesus zeigt uns Gott, dass unser Leben wie ein gerettetes Fest sein soll. Bei aller Gefährdung gibt es Grund zu feiern. »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben«, sagt Jesus, »wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt reiche Frucht!« (Joh 15,5). Der trägt das Lebensfest weiter, der hilft mit, Wasser in Wein zu verwandeln, Traurigkeit in Freude, Enttäuschung in frischen Lebensmut, Zweifel in heitere Zuversicht und skeptisches Stirnrunzeln in ein herzerfrischendes Lachen.
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Thomas Luksch |
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