archivierte Ausgabe 1/2023 |
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Die Schriftleitung |
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Leseprobe 2 |
Erscheinung des Herrn |
III. Lesepredigt: Die Sehnsucht der Gottsucher (Mt 2,1–12) |
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In den Weihnachtskrippen stehen sie wieder: die »heiligen drei Könige«. Sie besuchen das neugeborene Jesuskind. Wie jedes Jahr. Drei Könige – oder genauer: Sterndeuter aus dem Osten –, nur sehr kurz tauchen sie im Evangelium nach Matthäus auf und verschwinden ebenso schnell wieder. Eine kleine Geschichte, aber eine Geschichte mit Anziehungskraft, wie der durchaus zahlreiche Besuch an den Weihnachtskrippen belegt. Doch hat diese Geschichte neben ihren äußeren Reizen auch Tiefergehendes zu bieten?
Vielleicht dies: Die drei Fremden haben weit in der Ferne einen Stern aufgehen sehen, der sie herausholt aus ihrem Alltag, der sie lockt aufzubrechen, um abseits längst bekannter Pfade etwas zu suchen, von dem sie weder genau wissen, was es ist, noch ob sie es je finden werden.
Es gibt Menschen, die sich in dieser Geschichte wiederfinden – mit ihrer eigenen Sehnsucht nach Lichtblicken in ihrem Leben, die hinausweisen auf ein größeres Ziel, welches ihr Leben haben könnte. Die Geschichte der Sterndeuter ist eine Geschichte der menschlichen Sehnsucht. Das macht vielleicht ihren inneren Reiz aus.
Sicherheit, Bequemlichkeit, Gewohntes – in all dem richten wir Menschen uns gern ein. Und doch lässt sie sich nicht auslöschen, die Hoffnung auf Neues, Überraschendes, darauf, dass es im Leben mehr gibt als das, was die Welt für uns bereithält, was wir Menschen füreinander bereithalten. Geschichten, in denen es um den Zauber des Suchens und Entdeckens, der erfüllten Sehnsüchte geht, haben ihren Reiz. Wie spannend, wenn wir Christen eine Geschichte erzählen, in der es darum geht, auf abenteuerliche und überraschende Weise Gott zu entdecken, und darum, ihn als die Erfüllung unserer Lebenssuche erwarten zu können.
Die drei Sterndeuter. Sie sind – wenn man ihre freiherzige Art des Suchens tiefer betrachtet – Gottsucher. Denn wo kommen sie an? In Bethlehem, einem kleinen Ort abseits des Weltgeschehens, bei einem gerade geborenen Kind in armseligen Verhältnissen. Wie kann ihnen das so viel bedeuten, dass sie sofort glauben: »Wir sind am Ziel«? Und dass sie sich selbst und ihre kostbaren Geschenke dem Neugeborenen zu Füßen legen?
Wichtig war der »Umweg« über Jerusalem: Sie mussten dorthin, wo Gott nicht ferner sein konnte, zu Herodes und seinen Schriftgelehrten: an einen Ort, wo die Macht regiert und die Angst, sie verlieren zu können, wo sich ein kaltes Wissen in den Dienst der Mächtigen stellte, wo jede Täuschung in Kauf genommen wird, wo brutalste Gewalt nicht ausgeschlossen ist, um den eigenen Vorteil abzusichern. Sie mussten hinein in diese Gottferne, um zu sehen, was geschieht, wenn Menschen versuchen, selbst ihr Leben zu retten um jeden Preis; um zu spüren, wie armselig Menschen werden, über die die Angst um sich selbst regiert. Konnten sie erst im Kind in der Krippe den Erlöser entdecken, nachdem sie in den Mächtigen und Wissenden diejenigen fanden, die seine Befreiungstat am meisten nötig hatten?
Wir Menschen sind von unseren Sehnsüchten bestimmt. Wie sie auch immer aussehen mögen, immer zielen unsere Sehnsüchte ab auf Leben, Lebenssinn, Lebensfülle. Nicht selten suchen wir ihre Erfüllung aus eigener Kraft zu erreichen. Manches mag uns dabei auch gelingen. Doch wie schnell verwechseln wir Wichtiges und Unwichtiges, täuschen uns in dem, was wahre Lebensfülle bedeutet. Und wir Menschen meinen, alles selbst schaffen zu können. Die vollkommene Erfüllung unserer Sehnsucht nach Leben gelingt uns aber nie. Deshalb ist die Geschichte von den Sterndeutern so wichtig. Denn wenn wir den Sterndeutern folgen und wir – wie sie – in der Einfachheit, in der Blöße und Schwachheit eines Kindes Gott erkennen können, dann ist uns geholfen zu verstehen, dass wir für die letzte Erfüllung unserer Sehnsüchte nicht selbst aufkommen müssen. Wir verstehen dann, dass wir keine Angst um uns selbst zu haben brauchen, dass wir nicht den eigenen Vorteil suchen müssen und uns nicht aufblasen müssen, um die eigene Angst zu verbergen. Denn der Höchste selbst macht sich klein, um uns zu zeigen, dass die wahre Lebenserfüllung in der Liebe besteht, die nicht möglich ist ohne Selbsthingabe und Selbstentäußerung und ohne bedingungsloses Vertrauen. In Jesus Christus, seinem Sohn, steht Gott dafür ein, dass nicht Geld und Besitz, Macht und Einfluss die Fülle des Lebens ausmachen, sondern die hingebungsvolle Liebe und das in allem loslassende Vertrauen auf Gott.
Mit der Geschichte von den drei Sterndeutern haben wir Christen eine inspirierende Erzählung, in der es darum geht, auf überraschende Weise Gott zu entdecken und ihn – abseits überhöhter Vorstellungen – als die Erfüllung unserer Lebenssuche zu erwarten.
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Dirk Meyer |
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