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Die Schriftleitung
Leseprobe 2
Zum Schulschluss
Träume für die Ferien

In den zehnten Klassen eines Münchner Gymnasiums haben Schülerinnen und Schüler formuliert, wovon sie träumen, wenn sie an die Ferien denken. Ihre Phantasien werden sich nicht wesentlich unterscheiden von den Wünschen und Sehnsüchten, die wir alle in diesen Tagen mit uns herumtragen: Frei sein vom Stress und allen Zwängen, ausspannen und schöne Erlebnisse mit Freunden und mit der Familie teilen … Nicht alle Träume werden in Erfüllung gehen, manche lassen sich so vielleicht gar nicht verwirklichen und trotzdem ist es gut und richtig, ihnen Raum zu geben und sich mit ihnen zu befassen, denn sie sagen etwas über uns und unsere Bedürfnisse aus.

Lassen wir stellvertretend einige zu Wort kommen:

»Wenn ich so von meinen Ferien träume, stelle ich mir einen Strand vor, der gleißend vom Sonnenlicht unter mir liegt. Ich stelle mit türkisblaues Wasser vor und sehe den Licht gef leckten Meeresboden, sehe die Fische unter der Oberf läche hin- und herwitschen. Ich spüre den Sand auf meiner Haut und die Kälte des Salzwassers an meinen Füßen. Ich höre Palmen und Pinien flüstern und rieche die gefallenen Nadeln.«

»Ich träume von einem schönen weißen Strand …, liege in einem Liegestuhl und lese ein sehr spannendes Buch über Zwerge und Alben. Ich versetze mich in die Geschichte hinein, schleiche durch feuchte Höhlen und bekomme eine Gänsehaut. Das Rauschen des Meeres und die Wärme der Sonne nehme ich nicht mehr wahr, nur noch das Adrenalin in meinem Körper und die Tropfen, welche von der Decke fallen. Ich merke nicht, wie die Zeit vergeht, bin zu sehr darin gefangen, mit dem Helden die Abenteuer zu überstehen. Ich blicke auf und sehe, dass es Abend geworden ist: die Sonne ist ein glutroter Ball am Horizont und das Meer steht in Flammen wie die Fackeln meiner Helden …«

»Ich reite auf einem bunt geschmückten Elefanten in Indien und rieche den Gewürzmarkt auf einem orientalischen Bazar.«

»Ich vergesse meine Sorgen und meinen Kummer. Tagsüber verbringe ich die Zeit in der Stadt beim Einkaufen. Ich entdecke eine neue Kultur und entscheide mich, Tango zu lernen.«

»Ich plane schon seit Monaten, eine Woche in Salzburg auf einer Hütte mit meinen Freunden zu verbringen.«

»Ich träume von der ersten Ferienwoche, die ich mit meiner Freundin in Berlin verbringen werde …, das wird unsere erste große gemeinsame Reise sein.«

Die Sehnsucht spüren

In solchen Träumen kommt zum Ausdruck, wonach wir uns zutiefst sehnen, nämlich eins zu sein mit uns selbst, mit den anderen und mit der Welt. Wir leiden unter der Zerrissenheit im Alltag, wo sich die verschiedenen Verpf lichtungen, Erwartungen und Interessen oft nicht unter einen Hut bringen lassen und wir uns selbst und einander so vieles schuldig bleiben. Wahrscheinlich gehört dieser Konflikt zu unserem Dasein in der modernen schnelllebigen Welt. Aber auch unsere Träume gehören zu unserem Dasein. Denn sie machen uns deutlich, was unsere Seele braucht. Nur wenn wir das nicht übersehen, kann unser Leben gelingen.

Ich schlage vor, dass wir uns ein paar Minuten der Stille gönnen, in der jede und jeder darüber nachdenken kann, wovon sie oder er im Blick auf die bevorstehenden Ferien gerade träumt, um sich dann auch zu fragen, was man selbst dazu beitragen kann, dass die Sehnsucht in Erfüllung gehen kann. Vielleicht ist es dazu gar nicht wichtig, weit zu reisen oder in einem teuren Hotel zu wohnen. (Nachdenken in Stille)

Wenn ich ganz bei mir bin, ganz im Hier und Jetzt, den Augenblick mit allen Sinnen erleben und genießen kann, was er mir schenkt, dann bin ich glücklich. Unser Glück hängt letztlich nicht von den äußeren Gegebenheiten ab, sondern von unserer inneren Haltung.

Schöne Möglichkeiten

Natürlich ist es wunderbar, am Strand zu liegen und das Meer rauschen zu hören, oder es kann genauso herrlich sein, auf einer Almwiese in den Bergen auszuruhen und in den Himmel zu schauen, oder an einem See zu sitzen, wenn die Sonne untergeht. Sich zu bewegen und Sport treiben zu können – das kann glücklich machen, selbst wenn es in Strömen regnet, weil’s einfach Spaß macht. Es kommt immer auf die Einstellung an und was man aus einer Situation macht. Ein Spieleabend in der Familie oder mit Freunden kann zu einem unvergessenen Erlebnis werden, auch ohne Alkohol oder irgendwelche kostbaren Zutaten. Gemeinsam kochen und das Essen entsprechend zu genießen, gehört zu den Vergnügen, für die im Alltag oft keine Zeit bleibt.

Ich könnte die Liste noch beliebig verlängern. Vielleicht wäre es ein guter Start in die Ferien, wenn wir uns alle vornehmen, mit allen Sinnen und ganz wach bei der Beschäftigung zu sein, der wir gerade nachgehen und unsere ganze Aufmerksamkeit den Menschen schenken, mit denen wir zusammen sind, das heißt natürlich auch uns selbst.

Dankbarkeit

Dann stellt sich nämlich noch ein Gefühl ein, das für unser Wohlbefinden von allergrößter Bedeutung ist: Dankbarkeit. Ich spüre, dass ich lebendig bin, ich erkenne, wie viel Schönes es auf der Welt gibt und ich freue mich darüber – ist das kein Grund dankbar zu sein? Und dankbare Menschen sind glückliche Menschen! Genießen wir unser Leben und danken wir unserem Schöpfer!

Fürbitten


Der Gott, von dem die Bibel erzählt, kommt uns Menschen in Jesus Christus ganz nah; er geht auf uns zu, lädt uns in sein Reich ein und bietet uns seine Freundschaft an. Zu ihm beten wir:

- Für alle Lehrerinnen und Lehrer, die nach diesem anstrengenden Schuljahr endlich in die Ferien gehen können: Herr, erbarme dich (gesungen).
- Für alle Schülerinnen und Schüler, die sich seit Wochen auf die freie Zeit der Ferien freuen.
- Für alle, die zu unserem Wohlergehen in der Schule beitragen, die Sekretärinnen und Hausmeister, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Mensa und die Putzleute.
- Für unsere(n) Direktor(in) und seine/ihre Mitarbeiter(innen) aus dem Kollegium, die vor großen Herausforderungen und gewaltigen Aufgaben stehen.
- Für unsere Eltern, die mit uns bangen und hoffen und uns durch die Schulzeit begleiten, die uns unterstützen und manchmal auch nerven.
- Für alle, deren Träume zerplatzt sind und denen nicht gelungen ist, was sie sich vorgenommen haben, die enttäuscht oder mutlos oder gar traurig sind.
- Für diejenigen in unserer Schulfamilie, die mit schweren Erkrankungen kämpfen oder andere schwere Sorgen haben.
- Für alle lieben Menschen, die wir oder Einzelne unter uns im vergangenen Jahr verloren haben.

Wir bitten dich, o Gott, um deinen Segen und deine Hilfe für die kommenden Wochen, damit jede und jeder Einzelne von uns die freie Zeit so zu nutzen vermag, wie es für sie oder für ihn wohltuend und gewinnbringend ist. Dann können wir uns auch im nächsten Schuljahr als eine starke Gemeinschaft erleben, in der keine(r) verlorengeht.

Renate Brosseder

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